Unser Hausbau
Im Jahr 1970 beschloss der VIII Parteitag der SED unter der "bewährten" Führung von Genossen Erich Honecker das "Eigenheimbauprogramm" in der DDR. Jedem der
bis zu diesem Zeitpunkt ein Haus bauen wollte wurde "Spätkapitalistisches Besitztumsdenken" unterstellt.
Da Wohnraum Mangelware war versuchte man die Privatinitiative zu mobilisieren. Außerdem wer ein Eigenheim gebaut hat ist mit seiner "Scholle" fester verbunden und überlegt sich die Ausreise in die
BRD gründlich. Deßweiteren wird Kaufkraft abgeschöpft wenn ich Monat für Monat meinen Kredit abzahle. Die Betriebe erhielten wenn vorhanden den freiwerdenden Wohnraum und wurden
gesetzlich verpflichtet die Eigenheimbauer zu unterstützen.
Ich stellte also in meinem Betrieb einen Antrag. Innerhalb von 4 Wochen bekam ich ein "volkseigenes" Grundstück das ich mit einem Eigenheim bebauen durfte. Die Größe beträgt 610 qm.
Dafür mußte ich 8.80 M / Jahr Gartenpacht bezahlen. Ein Gesetz untersagte das "volkseigener Grund und Boden" an private Nutzer verkauft wird. Erst nach der Wende konnten wir unser Grundstück
kaufen.
Ohne Baugenehmigung (ich wollte Tatsachen schaffen, um eine Absage zu erschweren) begann ich am 7.Oktober 1972 mit dem Einrichten der Baustelle. Es war ein sog. Komplexstandort. Ein großes Feld auf
dem 24 Eigenheime errichtet wurden. Da in der DDR alles knapp war, gab es auch keine Baukapazitäten. Man musste also a l l e s selbst organisieren und auch praktisch verwirklichen.
Es wurden also Maurer, Klempner, Elektriker, Schweißer, Dachdecker und so weiter (aus Freundes-, Kollegen- oder Bekanntenkreis) angeheuert, die in "Feierabendtätigkeit" für mich
arbeiteten.
Heute nennt mann so etwas SCHWARZARBEIT!!!
Von der Bank wurden 2 verschiedene Kredite zur Verfügung gestellt:
Der damalige Arbeitslohn für Feierabendarbeiten lag offiziell bei 4,00 M/ Std. dafür arbeitete jedoch keiner. Die Arbeiter wollten 8,00 M/Std. Es wurden also zur
Abrechnung bei der Bank die doppelte Stundenzahl angegeben und alles hatte seine Ordnung!
Für alle benötigten Baustoffe gab es Bezugsscheine für den VEB Baustoffversorgung. Das klappte im Allgemeinen gut. Ich musste lediglich 4 Wochen auf meinen Dachstuhl warten, hatte aber genug andere
Arbeiten zu erledigen.
Baubeginn: Oktober 1972 Einzug: 3. Juli 1974 Ein gutes Ergebnis unter DDR Bedingungen.
Das Haus hat uns abzüglich aller Vergünstigungen ( 8.00,- M vom Betrieb und 10% der Eigenleistung wurde erlassen, da wir innerhalb von 2 Jahren ab Baubeginn
eingezogen sind) 53.000,- M gekostet. Zu DDR Zeiten eine Riesensumme - heute ein echtes Schnäppchen!
Mit der Wende kamen viele Möglichkeiten am und im Haus zu modernisieren und zu verschönern:
Gasheizung * neue Fenster * Fliesenarbeiten * neue Haustür * Dach * Terrasse etc.
Abschließend kann ich sagen: der Hausbau hat mir immer Freude bereitet. Ich bin nie wiederwillig auf meine Baustelle gegangen. Mein Betrieb hat mich sehr gut mit Transportleistungen des Fuhrpark´s, finanziell und nicht zuletzt mit bezahlter Freistellung von der Arbeit unterstützt.